Ein Leben im Einklang mit dem Element Wasser!


Almuth Otterstedt, DK5BF, und Eduard (Edi) Keck, HB9DQT, Legenden der segelnden Zunft.

Es gibt wohl kaum ein Seegebiet, das sie nicht bereist haben in all' den Jahren, die sie nun mit ihrer Segelyacht SINGLE MALT, eine Sharki von Amel (39 Fuss), Baujahr 1988, seit 1998 unterwegs sind. Aber auch vor dieser Zeit war Edi mit seiner SINGLE MALT schon auf diversen großen Törns gewesen, wie man gleich beim ersten Artikel feststellen wird.

Almuth, 77, eine lebenslustige Bremerin, Edi, 84, ein "ächter Bärner". Wenn es einen Beweis braucht, dass Segeln jung erhält, dann sind Almuth und Edi es!

Almuth Edi kleiner 

Hier in dieser Rubrik sind Artikel von und über die Beiden zu finden, die sie mir, aus Freundschaft, zur Verfügung gestellt haben und wir von INTERMAR sind stolz, sie veröffentlichen zu dürfen! Der Internationalität geschuldet, sind die Artikel oft in englischer Sprache. Auch der sprachlich nicht so "Kundige" wird dennoch von den Artikeln fasziniert sein. Weiter kann ich mitteilen, es werden weitere Artikel folgen, es lohnt sich also immer mal wieder hier in der Rubrik vorbeizuschauen.

Und so, Freunde des Segelsports und ambitionierte Amateurfunker, viel Vergnügen beim Lesen und dem Betrachten der einmaligen Zeichnungen, die Almuth "so nebenbei" erstellt.

Das erste Bild ist eine Zeichnung von Almuth, die begeistert! Der erste Artikel handelt von einer Begebenheit, die sich wohl keiner wünscht!


An alle Intermar Mitglieder Weihnachtsgrüße aus Lanzarote von Almuth, DK5BF und Edi, HB9DQT

Weihnachtsgruss D012 KL

 


 

Ein Update aus Arrecife, Lanzarote vom 01.11.2023

Aus unserem Segleralltag

Unsere Rollreffeinrichtung blockiert nach über 30 Jahren

Wir schrieben das Jahr 2020. Über 30 Jahren hatte unsere alte Rollreffeinrichtung zuverlässig unser Vorsegel, unsere Genua, je nach Bedarf aus- oder eingerollt. - Durch Corona waren wir lange blockiert, durften uns nicht mehr als zehn Meilen von der Insel entfernen, weil wir in keinem Hafen, nicht einmal den soeben verlassenen, wieder aufgenommen worden wären - ähnlich des "Fliegenden Holländers." Das wollten wir natürlich nicht riskieren.

Erleichtert vernahmen wir, dass die Bestimmungen endlich wieder gelockert wurden, und es sollte losgehen. Alle technischen Einrichtungen an Bord wurden schon lange vor unserer Abfahrt getestet, wobei wir feststellten, dass die Rollreffeinrichtung blockierte. Trocken schluckten wir und dachten: „Das darf doch nicht wahr sein!“ Sofort schauten wir ins Internet und erkundigten uns bei allen möglichen Firmen nach Ersatzteilen oder einer neuen Anlage. Wir mussten es glauben: Ersatzteile gab es für diese alte Einrichtung zu unserem Bedauern nicht mehr. Also musste eine neue her. Nach wiederum vielen Erkundigungen und immer wieder auf Antwort warten, entschieden wir uns für eine, die uns empfohlen wurde und bestellten sie. - Wenn man auf etwas wartet, scheint die Zeit still zu stehen. Doch endlich kam die neue Anlage an, und mit Hilfe des „Riggers“ bauten wir sie ein.

Nach La Graciosa und zurück

Die Hürde der Rollreffeinrichtung war 2021 geschafft, und wir planten, nach La Palma zu segeln. Doch kurz zuvor war dort war der Vulkan ausgebrochen, und im Internet wurden zu aller Entsetzen von dem Geschehen berichtet. Die Bewohner der Insel waren mit sich selbst zu sehr beschäftigt, als dass wir ihnen zur Last fallen wollten. Daher segelten wir wenigstens nach Graciosa, der kleinen Insel im Norden Lanzarotes, feierten dort in fast familiären Verhältnissen Weihnachten und Silvester und kehrten im Januar 2022 zurück nach Arrecife. Vor der Einfahrt in den Hafen konnten wir unsere Genua nicht einrollen. Die neue Rollreffeinrichtung blockierte…! nahmen wir der Herstellerfirma gegenüber vorwurfsvoll zur Kenntnis. Es gab zum Glück die Möglichkeit, das Segel mit einer Handkurbel einzurollen. Mit einer Kurbel / einem Winschgriff in der Hand musste Edi auf dem schwankenden Schiff nach vorne auf das Deck gehen, dabei aufpassen, dass er nicht stürzte oder von Bord geworfen wurde und dann die Kurbel anbringen. Auch während des Kurbelns sicherte er sich an der Reling. Durch die Untersetzung im Motor, musste Edi lange, lange kurbeln, bis die Genua eingerollt war. Dann endlich konnten wir in die Lanzarote Marina in Arrecife einlaufen.

So ganz nebenbei bemerkten wir, dass diese neue Anlage auch noch Öl verlor, das in schwarzen Tropfen unser Vordeck der so gepflegten SINGLE MALT verschmutzte. Umgehend begann ein reger Schriftwechsel mit der Herstellerfirma, die sich herabliess uns mitzuteilen, wir sollten die Anlage für eine Reparatur an sie zurücksenden. (Dieses Ausbauen bedeutet, dass der Vorstag, der den Mast hält, gelöst werden muss und eine improvisierte Lösung gefunden werden muss.) - Nach wiederum langer Wartezeit erhielten wir die Anlage zurück, packten sie sorgfältig aus und entdeckten Kratzer daran, die flüchtig überpinselt worden waren. Nun, das nahmen wir zur Kenntnis. So konnten wir diese Einrichtung wieder einbauen. Noch waren wir misstrauisch und prüften täglich mehrmals, ob sich der Motor drehte. Ja, er funktionierte!

Im Herbst 2022 machten wir uns auf nach Agadir in Marokko. Dort verlebten wir eine interessante Zeit, befuhren mit unserem kleinen Mietauto im Hohen Atlas haarsträubende Naturstrassen bis auf 2540m hinauf, übernachteten in originellen Herbergen, und Ende des Jahres zog es uns zurück nach Lanzarote.

Zum Glück wehte nur ein leichter Wind, als wir zurück nach Arrecife segelten, als vor dem Hafen die Genua eingerollt werden musste und diese Einrichtung wieder blockierte. „Sie war doch zur Reparatur in der Herstellerfirma.“ „Danach kann doch so etwas nicht passieren.“ dachten wir empört. Aber es half nichts. Edi musste auf dem schaukelnden Schiff nach vorne auf's Deck gehen und die Genua per Hand einrollen. Obwohl das wie eine gefühlte Ewigkeit dauerte, es war irgendwann geschafft, und am 19.12.2022 liefen wir in Arrecife ein, wo wir Weihnachten und Silvester verbrachten. Es waren viele deutsche Segler eingelaufen, die Stegparties mit Pott-Luck und Joulklapp organisierten, mit denen wir eine entspannte Zeit erlebten.

Die Herstellerfirma der Rollreffeinrichtung bezweifelte nach wie vor Edis korrekten Einbau, stellte unnötige Fragen und zog somit den Schriftwechsel in die Länge. Es schien, als ob wir mit dieser Anlage, einem „Peut-être-li“ (vielleicht funktioniert sie), leben mussten.

Auf nach La Palma

September 2023, die SINGLE MALT, war mal wieder bereit, Proviant war eingekauft, Mahlzeiten waren vorgekocht, und der Wind kam aus der richtigen Richtung - aus Nord-Nord-Ost. Was kann man sich besseres wünschen?

Am Vormittag des 16. September, einem Samstag, waren wir noch zum Markt gegangen, hatten uns bei Angeleke, unserer Marktfrau, mit Frischwaren eingedeckt, sassen danach mit Seglern auf der Terrasse eines Restaurants zusammen und nahmen Abschied voneinander.

Um 12Uhr30 lösten wir Leinen, und los ging's. Uns war klar, dass wir wenig Wind hatten. Normalerweise blies er aus Nord, das wäre nach Graciosa, unserem ersten Ziel, auf die Nase gewesen. Nun erlebten wir ihn so schwach, dass wir nach Nord segeln und für eine Nacht auf La Graciosa in der Bucht Francesa ankern konnten. Ausgeruht segelten wir weiter und hatten eine angenehme Fahrt in Richtung West.

Während ich nach meiner Wache für den Rest der Nacht im Tiefschlaf lag, arbeitete Edi am Kartentisch, als er plötzlich vom Bilgenalarm erschreckt wurde. "Wasser im Schiff? Haben wir ein Leck?" überlegte Edi und schaltete blitzschnell die elektrische Bilgenpumpe ein und begann, zusätzlich von Hand zu pumpen. Als die Bilge leer war, weckte er mich und eröffnete mir: "Du, wir haben ein Problem! Wasser im Schiff!" Dem mussten wir nachgehen, denn wir wollten ja nicht untergehen. Von vorne bis hinten suchten wir alle Durchgänge durch den Schiffsrumpf ab. Alles war trocken. Daraufhin kontrollierten wir unseren Frischwasserstand im Tank und stellten fest, dass etwa 120 Liter fehlten. Es war zwar beruhigend zu wissen, dass wir kein Leck hatten, doch wo könnte das Frischwasser, unser so kostbares Trinkwasser, austreten? Einmal in der Marina würden wir uns Zeit für die Suche nehmen. Die Wasserpumpe stellten wir ab und stellten sie nur bei Bedarf an, damit sie nicht unnötig Wasser in die Bilge pumpte.

Und wieder die leidige Rollreffeinrichtung

Einige Meilen vor unserem Bestimmungshafen Santa Cruz de La Palma hatten wir bereits einen Teil der Genua eingerollt, um die Fahrt zu verlangsamen, und um nicht bei Nacht anzukommen. Nun dämmerte der Tag, wir hatten die Hafenmauer mit den Lichtern im Blick und wollten das Segel ganz einrollen. Heftiger Regen prasselte plötzlich auf uns nieder. Beim Bedienen des Schalters für die Rolleinrichtung geschah nichts. Wir wollten es nicht glauben! Nichts tat sich! Edi blieb nichts anderes übrig, als durch den heftigen Regen aufs Vordeck zu gehen. Mit seinem Bohrschrauber in der Hand mit einer Einrichtung daran, die er kurz vor unserer Abfahrt hat anfertigen lassen, rollte er das Segel damit langsam ein. „Das hatte uns gerade noch gefehlt,“ dachten wir unzufrieden. Doch den Ärger schoben wir vorerst beiseite und fuhren ein.

Ankunft in Santa Cruz de La Palma

Die Hafenbehörde hatten wir um Erlaubnis gebeten, das Hafenbecken bis zur Marina zu durchfahren; im Marinabüro hatten wir uns angemeldet, damit das Tor für unsere Einfahrt geöffnet wurde. Alles lief reibungslos, und wir legten am Empfangssteg an, um von dort einzuklarieren. Señor Cabrera, der Direktor der Marina, und ebenso Pedro erkannten uns vom letzten Besuch wieder und begrüssten uns herzlich.

So ganz nebenbei erzählte Edi Señor Cabrera von dem Riss im Frischwasserschlauch, den er unterdessen gefunden hatte. Edi wusste, dass uns langes Suchen nach einem Geschäft für ein Ersatzstück des druckbeständigen Schlauchs bevorstand und somit weite Wege vor uns lagen.

Das hatte Edi also dem Señor Cabrera erzählt. Kurzerhand rief der seinen Mechaniker und bat ihn, sich die Sache doch mal anzuschauen. Für den Mechaniker war es eine Kleinigkeit. Er hatte einen derartig benötigten Schlauch, wechselte den gegen den geplatzten aus, und unser Problem war gelöst. So mir nichts dir nichts, so einfach! Gerne belohnten wir den Mechaniker mit einem guten Trinkgeld.

Wir verlegten an den Liegeplatz, den Pedro vom Büro der Marina uns zuwies, schlossen Strom und Wasser an und gönnten uns einen "Ankerdrink," der jetzt ja eigentlich ein "Festmacherdrink" war.

Geharnischter Brief

Edi war nach unserer Ankunft im Geiste nicht ganz da. In Gedanken hatte er einen Brief an die Herstellerfirma der Rollreffeinrichtung entworfen, den er mir am folgenden Tag diktierte. Es wurde ein geharnischter, jedoch sachlicher Brief an die Firma, dass die Anlage jetzt total blockieren würde, er keine unnützen Fragen mehr beantworten, sondern entweder sein Geld zurück oder eine neue Anlage fordern würde. Nebenbei hatte er erwähnt, dass wir beide Commodore im amerikanischen Club „Seven Seas Cruising Association“ seien, was offenbar Eindruck gemacht hat. Denn nach einigen Tagen ungeduldigen Wartens kam die Antwort, es würde eine neue Anlage als Ersatz nach Arrecife geschickt werden. Welch' gute Nachricht, atmeten wir auf. Doch nun würden wir ohne unsere Genua zurück segeln müssen, denn die per Hand oder Bohrschrauber aus und wieder einzurollen, das war wirklich zu mühsam. Edi montierte einen inneren Vorstag, damit wir eine Fock, ein bedeutend kleineres Vorsegel, anschlagen konnten, das vorher noch nie gebraucht wurde, sondern als Reserve in der Not in der Kiste dahindarbte. "Das muss es tun," sagte Edi mir. "Das ist das Beste, was wir haben.“

Auf La Palma

Restaurant in einer Schlucht

Eine gemütliche Zeit erlebten wir auf La Palma. Nach einigen Tagen mieteten wir uns ein kleines Auto, mit dem wir auf der Insel herumfuhren. Am meisten genoss ich den Wald! Diese Frische, dieser Duft den ich unter den Bäumen empfand, war derart wohltuend, wie ich es schon ewig nicht mehr empfunden habe. Wir hatten uns an ein Restaurant in einem tiefen Tal erinnert, das wohl kaum von Touristen besucht wird, das wir wieder besuchten. In einer Schlucht unter hohen Bäumen in lichtem Schatten genossen wir die Umgebung, den Frieden und die Ruhe. Wie bei unserem letzten Besuch bestellten wir ein Gericht mit Ziegen-, das andere mit Kaninchenfleisch. Die Wirtin hatte uns damals verraten, dass das Geheimnis für zartes Fleisch langsames Garen sei. Tatsächlich schmeckte es uns wiederum hervorragend, und wir schleckten danach noch unsere Mäuler.

Destillery „Aldeo“

Den Besuch der Destillery „Aldeo,“ in der Zuckerrohr noch heute mit einem steinalten Gerät destilliert wird, liessen wir uns nicht nehmen. Am Ende der Führung durften wir verschiedene Qualitäten degustieren, und wir kauften für uns einen „Ron Aldea Familia,“ ein ganz feines Produkt, während ich versteckt als Überraschung für Edi einen besonders guten Rum, fast unerschwinglich teuer, nachträglich zu seinem Geburtstag kaufte. - Erst an Bord überreichte ich ihm mein Geschenk, und er traute seinen Augen nicht.

Das Roque de los Muchachos Observatorium

Auf La Palma befindet sich eines der drei grössten, internationalen astronomischen Observatorien (Hawaii, Chile und La Palma) das auf über 2400m steht. Das „Roque de los Muchachos Observatorium“ hat im Innern der Kuppel einen riesig grossen Spiegel mit 10,4m Durchmesser. Dieses schwere Teleskop von 4000t Gewicht ist auf einem Ölteppich gelagert und wird darauf gedreht.

Edi hatte um einen Besuch gebeten und einige spezielle Fragen gestellt (Astrophysik). Enttäuscht erhielt er keine Antworten. Trotzdem fuhren wir eines morgens früh dorthin. Die Strasse schlängelte sich durch dichten Wald mit spitzen Kurven die Berghänge hinauf bis der Wald lichter wurde und wir auf etwa 2200 m die Baumgrenze erreicht hatten. Nur noch niedriges, dorniges Gestrüpp kämpfte am Boden ums Überleben. Unterhalb der vielen Antennen und Teleskope konnten wir uns für einen geführten Besuch anmelden. Es ist unglaublich, was man mit diesen riesiggrossen Spiegeln sehen kann und welchen grossen Aufwand man treibt, um Erkenntnisse über unser Universum und über unser Dasein zu gewinnen. Fragen, die Edi bezüglich Astrophysik stellte, konnten nicht beantwortet werden, doch die eine oder andere technische Antwort erhielt er von Wissenschaftlern, die dort beschäftigt waren. - Das Besucherzentrum allerdings fesselte uns mit seinen interessanten Darstellungen, dass wir dort viel Zeit verbrachten. Der Besuch lohnt sich, weil für jederman viele Fragen verständlich beantwortet werden.

Vulkanausbruch und seine Folgen

Ein anderer Ausflug führte uns in den Südwesten der Insel La Palma, von wo wir eine provisorische Strasse nach Norden befuhren, die durch das neue Lavafeld gegraben worden war. Die Höhe der Lava auf beiden Seiten war beeindruckend.

Während unseres letzten Besuches der Insel hatten wir Federico, einen Funkamateur besucht, der inmitten alter Bäume in einem kleinen Paradies lebte, von wo er Segler über Kurzwelle mit Wetterinformationen versorgte.

Der Lavastrom floss direkt auf sein Haus zu. Die Polizei forderte ihn und seine Frau auf, das Haus innerhalb von zwanzig Minuten zu verlassen. Am Tag darauf durfte er unter Militärkontrolle noch einmal das Haus für zwanzig Minuten betreten und wichtige Sachen sicherstellen. - Am Fernsehen musste er dann zusehen, wie zuerst sein Antennenmast wie ein Streichholz geknickt wurde, der Schuppen mit dem Propangas explodierte und sein Haus durch den Lavafluss begraben wurde. Ein Anblick, der sich sicher in sein Gedächtnis eingegraben hat.

Er und seine Frau haben trotz allem Glück gehabt und leben heute in einem alten Häuschen eines ehemaligen Kapitäns des Dreimasters „Alexander von Humboldt,“ während viele Betroffene noch heute in Containern leben müssen.

Im REAL CLUB NAUTICO

Neben so vielen wunderschönen Eindrücken brachte mich, Almuth, noch etwas in Entzücken. Ja, Entzücken muss ich sagen. Hier die Erklärung dazu: Wir lagen in der Marina, die während der Nacht aus Sicherheitsgründen verschlossen ist. Damit wir jederzeit aus- oder eingehen konnten, erhielten wir einen Magnetschlüssel. Dieser öffnete uns nicht nur mit einem leisen Klick das eiserne Tor zur Marina, nein, ebenso den Zutritt zum REAL CLUB NAUTICO. Dieser "Königliche CLUB NAUTICO" beherbergt nicht nur ein Restaurant mit Bar mit Ausblick auf den Hafen, was für Edi besonders reizvoll war, sondern zwei grosse Sportbecken zum Schwimmen, eines davon in der Halle mit gechlortem Wasser, daneben ein grosser Whirlpool und das andere Becken unter freiem Himmel mit Salzwasser. Wenn wir unseren Magnetschlüssel dort abgaben, erhielt ich einen Schlüssel für einen Schrank in der Umkleidekabine. Ich konnte schwimmen gehen - traumhaft! Es ist vielleicht nicht bekannt, dass ich eine leidenschaftliche Schwimmerin bin. Während ich noch berufstätig war, und nachdem Gleitzeit eingeführt worden war, ging ich vor der Arbeit ins Hallenbad in Bremen und zog meine Bahnen auf dem Rücken schwimmend. Damals nahm ich mir nur zwanzig Minuten Zeit dafür, aber ich kam frisch wie ein Fisch zur Arbeit. Hier im Club schwamm ich jedes Mal etwa zehn Bahnen - 600 Meter. Da ich jahrzehntelang nicht mehr so richtig Rückenschwimmen gemacht hatte, war ich nach jeder Bahn aus der Puste, musste einige tiefe Atemzüge nehmen, ehe ich die nächste in Angriff nahm. Mit jedem Mal wurde ich geübter und musste weniger lang am Beckenrand verweilen. Dazu spürte ich, dass mein Kreislauf in Schwung kam und wie gut alles durchblutet wurde, so dass es überall im Körper wohlig kribbelte.

Natürlich verzichteten wir während unserer Zeit in Santa Cruz nicht auf unsere Morgenmärsche. Die letzte Etappe, bevor wir umkehrten, führt die Strasse bis zu einem Tunnel bergan. Dieses letzte Stück fiel mir besonders schwer, weil ich aus der Puste kam. Jetzt, bereits nach meinem ersten Mal Schwimmen, hatte ich genug Luft. Ich zählte meine Schritte, atmetete passend dazu ein und aus, und Edi sagte zu mir: "Du bewegst Dich so schnell wie ein Wiesel, so dass ich kaum nachkomme." Na, so ein Lob von Edi zu hören, ist etwas ganz Ausgefallenes!

Wir müssen die Marina verlassen...

Bereits bei der Anmeldung in der Marina hatte Pedro uns gesagt, dass wir spätestens Mitte Oktober wieder weg müssten, weil die MINI TRANSAT erwartet würde. Eine Gruppe von 90 Booten plus einer grossen Anzahl Begleitboote hatten sich angemeldet, für die wir Platz machen mussten. Weil zwei dieser Boote aus technischen Gründen aufgeben mussten und ein drittes gesunken ist (der Segler wurde gerettet), durften wir eine Woche länger bleiben. Einige Tage vor Ablauf unserer Frist beobachteten wir das Wetter, um wieder Segel setzen zu können. Unser Ziel war nicht mehr Agadir in Marokko, sondern Arrecife, weil wir dort die neue Rollreffeinrichtung empfangen würden.

Nachdem Federico, der Funkamateur, von unserer Absicht wusste, dass wir lossegeln wollten, rief er uns täglich an und gab uns Wetterberichte durch. Auch erklärte er sich bereit, uns unterwegs regelmässig mit den aktuellen Winddaten zu versorgen. Wir haben im Hafen natürlich Internetverbindung und können uns Wettervorhersagen anschauen, die allerdings lange nicht so detailliert sind wie die, die Federico erhielt. Daher waren wir besonders froh über sein Angebot.

Eine Woche hatten wir auf diese Weise die Windverhältnisse beobachtet. Ständig kam er aus Ost oder Nord-Ost. Wir brauchten doch Wind aus westlicher Richtung, um Lanzarote, das östlich La Palmas liegt, zu erreichen. Unsere Geduld zu warten lohnte sich. Federico warnte uns zwar, der Wind sei schwach, aber er kam aus der richtigen Richtung. Das war uns wichtig, selbst wenn wir dadurch länger unterwegs sein würden.

Frühmorgens um 8 Uhr, am 17. Oktober, lösten wir unsere Leinen, fuhren langsam durch das für uns geöffnete Tor und durchquerten den Hafen. Währenddessen versorgte ich die Leinen und die Fender. Die Fock, das Vorsegel, wurde hochgezogen und brachte uns langsam aber sicher voran. Vorsorglich hatte ich Tabletten gegen Seekrankheit genommen, und wir gewöhnten uns bald an das Schaukeln der SINGLE MALT. Eine Routine schlich sich mit der Zeit ein: Ausguck, Kontrolle, ob die Segel richtig stehen? Essen. Trinken. Abwaschen. Schlafen.

Keilriemen gerissen

Am Abend schlief der Wind ein. Das Wasser war blank wie ein Spiegel. Nur eine lange Dünung von etwa ein bis zwei Meter Höhe hob und senkte uns sanft. Eigentlich gemütlich, aber wir wollten ja vorankommen. Der Motor musste eingeschaltet werden.

Während ich nach meiner Wache den Rest der Nacht im Tiefschlaf in der Achterkabine ruhte, ertönte ein schrilles Pfeiffen: Motorüberhitzung! Edi wartete, bis ich ausgeschlafen hatte und aus der Achterkabine hervorkam. Erst dann eröffnete er mir: "Wir haben ein Problem!" Der Motor überhitzte, weil der Keilriemen gerissen war. Den Deckel im Cockpit über dem Motor habe er bereits geöffnet, damit dieser etwas abkühlen konnte. Na, das war keine gute Nachricht.

Edi wusste, dass er einige Keilriemen in Reserve hatte, die wir sofort aus einer der untersten Kisten herausholten. Eine dicke Matte legten wir für uns als Schutz vor Verbrennung auf den Motor. An der Seite des Motors gibt es noch einen kleinen Zugang von etwa 60cm mal 50cm, der mit unserem Ölzeug verhängt und mit Schuhen verstellt war. Den mussten wir freiräumen und öffnen, und konnten uns an die Arbeit machen. Um durch den engen Zugang zu gelangen, musste ich mich wie ein Taschenmesser zusammenklappen. Nur so passten knapp Kopf und beide Arme da durch. Den zerrissenen Keilriemen hatten wir schnell sichergestellt. Doch es gab eine zweite Lichtmaschine für die beiden Servicebatterien mit einem Keilriemen, über den der neue geschoben werden musste. Es war zu kompliziert, diese Arbeit in zusammengefalteter Position am noch heissen Motor bei schwankendem Schiff zu erledigen. Deshalb mussten wir schweren Herzens diesen Keilriemen durchschneiden (wohl wissend, dass uns dieser Alternator unsere Batterien nicht mehr laden würde), um den neuen Hauptkeilriemen anlegen zu können, der unter anderem für Wasserkühlung des Motors sorgt. 

Es gab da einen sehr engen Zwischenraum, durch den der neue Keilriemen gezwängt werden musste. Geschafft! Wir atmeten auf. Nur noch über die Räder legen. Nicht möglich! Keilriemen zu kurz. Alles wieder zurück! Mühevoll zwängte ich ihn zurück durch diese Lücke. Ein etwas längerer Keilriemen musste nun durch diese verdammte Lücke gezwängt werden. 

Wir schafften es nicht. Ich klopfte mit der runden Seite eines Schlüssels darauf. Während ich glaubte, der Riemen sei durchgepresst, war er auf der anderen Seite wieder rausgesprungen. Es war wie verhext.

Ich hämmerte zornig mit einem Gummihammer auf einen Schlüssel, um den Keilriemen durch diese Enge zu zwängen. Kein Erfolg! Edi kam auf die Idee, den Motor per Hand mit einem schweren Schraubenschlüssel zu drehen. Vielleicht würde das funktionieren? Ich war wütend, dass es nicht gehen sollte. "Wir sind doch auf den Motor angewiesen, wenn wir in einen Hafen einlaufen!" Kräftig zog ich am Schraubenschlüssel, der Motor drehte sich, und "Flup" rutschte der Keilriemen durch. Geschafft. Er konnte jetzt auf die Räder / Pullies gelegt werden und musste nur noch angespannt werden. - Wie hier beschrieben, klingt alles einfach, doch wir waren den ganzen Tag daran, leisteten uns keine Pause, nicht einmal zum Mittagessen, und am späten Nachmittag war die Reparatur provisorisch erledigt, da sich auch dieser Keilriemen leider als zu kurz erwies. Mit niedrigen Tourenzahlen des Motors sollte diese Reparatur jedoch bis zu unserem Ziel durchhalten.

Weil wir ja den Keilriemen für die Service-Batterien durchschneiden mussten, wurden diese nicht mehr geladen. Edi wusste Rat. Der Propellerschaft betätigt eine weitere Lichtmaschine / einen Generator, mit dem wir diese wichtigen Batterien laden konnten. - Auch das Problem war gelöst.

Aufatmend konnten wir all das Werkzeug wieder wegpacken und dann ans Essen denken. Natürlich begossen wir unsere gelungene Arbeit mit einem Gläschen Wein, ehe wir unseren Hunger stillten.

Während des ganzen Tages hatten uns unsere Segel durch den schwachen Wind langsam vorangebracht. So ganz nebenbei waren wir während der langwierigen Arbeit etwas nervös, weil Federico uns für diesen Tag starken Wind vorausgesagt hatte. Der jedoch für die Zeit der Reparatur zum Glück ausgeblieben war. Erst in der Nacht vom 19. auf 20. Oktober kam er plötzlich auf und brachte heftigen Regen mit. Eigentlich nicht schlecht, da das Schiff gewaschen wurde. Wir legten wieder neu Kurs an, und kamen flott wir voran.

Letzte Etappe nach Arrecife

Die Weiterfahrt lief routinemässig ohne bedeutende Zwischenfälle ab, und in der Morgendämmerung des 20. erreichten wir den Eingang der "Strasse" zwischen La Graciosa und Lanzarote. Durch die beiden Inseln drehte der Wind immer mehr auf die Nase, so dass ein Segeln nicht mehr möglich war und wir mit dem provisorisch reparierten Motor gegen Wind und Strömung ankämpfen mussten. Die Durchfahrt durch diese kurze Strasse dauerte daher ganze zwei Stunden! Einmal durch, mussten wir auf südlichen Kurs gehen, konnten wir Segel setzen und kamen flott voran. Endlich fanden wir Zeit, unser Frühstück zu geniessen.

Nun kam eine weitere Sorge dazu. Die Batterie für das Starten des Motors wurde durch die beschriebenen Probleme nicht mehr geladen und konnte den Motor nicht mehr starten. Wieder wusste Edi sich zu helfen, er schloss die Batterie für den Motor mit den Servicebatterien zusammen, womit genügend Energie zum neu Starten vorhanden war.

Die restliche Strecke bis nach Arrecife segelten wir gemütlich und legten am 20. Oktober um 15Uhr in der Lanzarote Marina in Arrecife an. Zwei Marineros halfen uns mit den Leinen, und wir fühlten uns, als seien wir zu Hause angekommen.

Arrecife, unser zweites Zuhause

Die neue Rollreffeinrichtung war bereits eingetroffen, informierte uns der „Rigger,“ und er würde uns demnächst beim Einbau helfen.

Für den Motor zeichnete sich eine Hilfe am Horizont ab. Also würden wir auch das Problem beseitigen können.

Vorerst gingen wir Alltäglichem nach, begrüssten nach einigen Wochen Abwesenheit unsere Marktrau, die uns vor Freude über das Wiedersehen umarmte und zusätzlich zu unserem Einkauf eine rote Beete legte.

Der Wirt der Kneipe hinter der Kirche begrüsste uns mit: „Buen dia, Mami.“ Buen dia, Papi.“ Wir gehörten fast zur Familie.

Gestern, am 31.10., feierten wir zusammen mit einem englischen Seglerehepaar, das wir von den Kap Verden her kennen, und die speziell vom Süden der Insel hierher gereist sind, meinen 80. Geburtstag in einer Fischerkneipe. Dort hatte Edi am Vortag einen Tisch für vier Personen reserviert. Als wir zwei Frauen als erste ins Restaurant traten (unser Freund ist etwas gehbehindert, daher waren die beiden Männer langsamer) und nach dem reservierten Tisch fragten, zeigte uns die Serviererin den Tisch und stellte eine improvisierte Vase mit drei Rosen darauf. Wieder einmal eine von Edis Überraschungen, die mich vor Freude zu Tränen rührte, nicht zuletzt auch deshalb, weil ich noch jetzt nicht weiss, wo in der Stadt man Blumen kaufen könnte.

 


 

Ein Update im November 2020:

"Endlich" die Freigabe!

Vor einigen Tagen erhielt ich von Edi und Almuth die Freigabe zur Veröffentlichung eines Videos. Ich möchte vorweg sagen, höchst interessant, das Video dauert 1 Stunde und gut 15 Minuten, aber jede Minute ist es wert! Aber warum soll ich es beschreiben? Lassen wir doch die beiden selbst eine Erklärung zu dem Video liefern. Hier somit in Ausschnitten den Inhalt eines Mails, was ich von den beiden "damals" erhalten habe....

...... Vor einigen Wochen erhielten wir von Luc, dem "Chairman of the Membership Committee" of the "Seven Seas Cruising Association" (SSCA) ein Mail, in welchem wir angefragt wurden, ob wir für ein Interview bereit seien. Natürlich sagten wir zu. (Im "Shut-Down" hatten wir sowieso keine Termine im Kalender.) Luc mit Jackie auf ihrem grossen Segelschiff SLOEPMOUCHE liegen zur Zeit im nördlichen Teil Sumatras vor Anker, können weder weitersegeln, da alle Grenzen geschlossen sind, noch dürfen sie an Land spazieren gehen, wo sich die Einheimischen frei herumbewegen. Wir wurden informiert, dass das Interview über Skype durchgeführt würde, und damit der Ton möglichst fehlerfrei ankommt, geschehe das Ganze ohne Video. Wir sollten einige Fotos schicken. Da Almuth jedoch viel mehr Zeichnungen gemacht hat als wir Fotos besitzen, sandten wir hauptsächlich Zeichnungen ein.  Das Interview (Ton) musste aus mehreren Gründen stark bearbeitet werden, damit alles gut verständlich ist. Das Resultat haben wir heute erhalten.

Da dieses Interview Eigentum des SSCA ist und erst am 2. November veröffentlicht wird, dürfen wir es nur im engsten Freundeskreis zeigen, mit der Gewissheit, dass es nicht weiter verwendet wird.

(Anmerkung von mir, Uwe (DF5AM), ich habe mich strikt an diese Vorgabe gehalten!)

Das SSCA hat uns nun gebeten, einen besonderen Link zu dem Video einzustellen sowie um das folgende Vorwort, das hier nun im Original (kursive Schrift) wiedergegeben wird. 

The Circumnavigators Summit is an interview series which showcases members who have completed "round the world" voyages, and they share with us their stories, wisdom, and advice. The series attempts to share experiences with a variety of types of people and boats, and encourage fellow members "to just do it!" Topics covered include: the voyage – how long, where to where, highlights, bad weather avoidance, communications on the journey, piracy and security issues and strategies, and many tips and insights for fellow SSCA members.

We were excited to interview 2 International members of SSCA: Almuth Otterstedt of Germany and Eduard Keck, a retired Swiss Army officer. Almuth and Edi take us on their 14 year circumnavigation aboard "Single Malt" from Turkey, through the Pacific, round South Africa, and back up to Turkey, finishing in 2012.

Hear the advice they gave for when to set out on a voyage from Europe to avoid early or late storms. Discover what unusual sport drew Edi and Almuth to go back to New Zealand year after year. Hear Edi's account of the encounter between Single Malt and a torpedo!

During the interview, see their photos and Almuth's delightful sketches and humorous cartoons.

Damit das Video auch "in voller Schönheit" zu betrachten ist wurde es in das eigene Menü Edi&Almuth - SSCA-Video integriert!

PS: Ich würde mich sehr freuen, wenn ich ein Feedback erhalten würde, um Edi und Almuth zu berichten, wie dieses Video den INTERMARERN*INNEN gefallen hat. Bitte senden an Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Vielen Dank!

Vy 73 de Uwe (DF5AM)