INTERMAR - Chronik
"Unseren Kindern schulden wir,warum wir es taten."
(Arno/DL9XP † 14.04.14)
Das Ehrenmitglied und Gründer von INTERMAR e.V., Arno Müller Henze, DK0MC† erzählt aus der Vereinsgeschichte:
WIE ALLES BEGANN
Am 20.06.1948 kam die Deutsche Mark, und die Läden füllten sich. Klasse 7 der Staatlichen Oberschule für Jungen in Leer: Klaus Linnemann: "Komm mit nachhause, ich will Dir was zeigen." Dort stand ein Kristalldetektor mit Bleiglanzkristall PbSO4. Für mich: Wirrer Drahtverhau auf Holzplatte mit Steckern. Ich nahm den Kopfhörer, lauschte aufmerksam in die Muscheln: "Hier ist der Londoner Rundfunk mit seiner Sendung in Deutsch." Das kam kristallklar und deutlich, heute sagen wir: Q 5.
Als Sperrholzbastler überrascht, erfragte ich Einzelheiten. Klaus zeigte auf einen langen Draht zum Kirschbaum: "Antenne!" Ich wollte sowas auch, er schenkte mir einen Bleiglanzkristall. So baute ich meinen ersten Funkempfänger, hörte ganz Europa: "Schweizerischer Kurzwellensender Schwarzenburg!" "BBC London!" "RIAS Berlin!"; "Radio Moscow!" Ich holte den Atlas: 2000 km!
Radio Neugebauer schenkte mir eine "FUNKSCHAU"; dort fand ich: Radio-RIM: Selbstbauanweisung Vierkreissuperhet "QUARTETT". Mein Taschengeld reichte nicht für Lötkolben; Vater griff ein. So lernte ich löten, verdrahten und die Kurzwelle lauschen. Oben am Rundfunkband piepte und krächzte es; ich notierte: "Karl Offenhauser, HB9LI, St. Gallen, Schweiz". Ich schrieb hin. Karl war also Funkamateur, aha! Er beschrieb mir den OV Leer. Dort lernte ich Alfred/DL6HN kennen, ein U-Bootfunker aus WW2. Er wurde mein Ausbilder zur Lizenzprüfung vor OPD Bremen 1950. Ich holte mein Physiklehrbuch mit dem Morsealphabet und lernte. Glücklich ich mit der "Sende- und Empfangsgenehmigung DL9XH". 1951 verließ ich die Schule, "um einen Beruf zu erlernen." Natürlich wollte ich Bordfunker werden!
1951: "Amtsblatt des Bundesministeriums für das Post- und Fernmeldewesen" mit den Ausbildungsvorschriften der Behörde: Mindestalter 18, Mittlere Reife, Funkpraktikum, Seefahrtschule. Ich war 19, hatte die Reife, meldete mich bei Radio-Neugebauer: Kein Problem, schon war ich Praktikant der Rundfunktechnik. Am 1.8.1951 begann der Funklehrgang der Seefahrtschule Leer. Funklehrer Joke Janssen: "Sie sind ja der geborene Funker!" Ich war weniger überzeugt, konnte aber schon morsen, hi. Wir hämmerten die messingnen Morsestreifenschreiber heftig. Ende 1951: Prüfung zum "Allgemeinen Seefunkzeugnis 2. Klasse". Schon war ich stolzer Patentinhaber und ein Bordfunker! Doch dies Patent galt nur für Handelsschiffe in Kleiner Fahrt.
Ich wollte mehr, ging am 15.01.1952 zur Seefahrtschule Bremen. Dort benötigte ich nur ein Semester für das Große-Fahrt-Patent. Da kam die Postkarte der Deutschen Dampfschiffahrtsgesellschaft (DDG) HANSA: "Wir erfuhren kürzlich, daß Sie Seefunker sind. Wollen Sie bei uns als Funkoffizier auf Große Fahrt gehen?" Joke nickte zustimmend, und ich musterte am 9.6.1952 an Bord an. Ich war 19 und damals jüngster FO der deutschen Handelsflotte. Die Reise ging zum Persischen Golf, Endhafen Basrah im Irak. Sie dauerte ein halbes Jahr, und meine Eltern bangten um mich. DL9XP hatte wegen Verbots keine Chance zum Amateurfunk auf See.
DIE PLANUNG
Die Jahre vergingen schnell auf Großer Fahrt. Alle Welt funkte auf Kurzwelle, nur wir Amateure durften nicht. 1969 genoß ich einen langen Heimaturlaub, wollte endlich funken. Besuchte den Familien-Stammsitz Hannover, ging zum OV H-13. Dort konnte ich in der Clubstation DL0HV weltweit funken! Ich nutzte damals nur CW und rief CQ-MM über alle Weltmeere. So lernte ich endlich meine Kollegen kennen, viele Ausländer. Damals entstand der Wunsch nach einem weltweiten Funkverein. Nach dem Vorbild der ARRL entwarf ich eine erste Satzung. Ich benannte ihn INTERNATIONAL MARITIME MOBILE AMATEUR RADIO CLUB. Dieser Name war sachlich richtig, doch sehr unhandlich. So einigten wir uns mit Alan/G3RSP und Hans/OH2BDP auf IMMC.
DIE GRÜNDUNG
Als 1970 Hans/HB9XJ dazu kam, beschlossen wir die Gründung. Hans meinte, als internationaler Verein gehörten wir nach Genf. Kurz entschlossen besuchte ich 4U1ITU in Genf und verhandelte. Unser Rechtsanwalt Monsieur Terrier erledigte die Formsachen. Am Genfer Seeufer erblickte ich die INTER MARITIME BANK. Kurz entschlossen eröffnete ich dort unser erstes Vereinskonto. Unseren Namen kürzten wir auf INTER MARITIME CLUB, IMC. So nahm die Vereinsgründung erste Gestalt an! 1994 schrieb Hans sein Buch "Verschlüsselt" im Werd-Verlag.
DER ERSTE FUNKNETZBETRIEB
1972 erwarb ich in Hannover-Wülfel das erste Wohnungseigentum. Aus USA brachte ich eine 4-Element-Cubical Quad von SKYLANE mit. Diese Traumantenne errichtete ich mit Hermann/DJ3WM auf dem Dach. Sie prangte 25m über Grund über allen Häusern, weithin sichtbar. Unser Clubrufzeichen DK0MM strahlte in alle Weltmeere hinaus.
Abb.: Quad von SKYLANE bei DK0MM
Viele MM-Funkfreunde meldeten sich, und der IMC wuchs weiter. Leider ging die INTER MARITIME BANK etwas später in Insolvenz. Somit verlegten wir Vereinssitz und -konto nach Hannover. 1976 ließen wir uns ins deutsche Vereinsregister eintragen. Unsere Vereinssatzung ließen wir in Oxford-Englisch drucken und versandten das hübsche blaue Satzungsheft in alle Welt. QSL-Karten gingen hinaus für jede einzelne Funkverbindung.
Abb.: QSL-Karte von DK0MM
WENDE HIN ZUM SEGELSPORT
Es war im Jahre 1977: Funkfreund Axel Czuday besuchte mich und erbat fachlichen Rat. Er war Funkamateur DJ9ZT, aber auch ein mutiger Fahrtensegler. Er plante die Durchfahrt der Nordostpassage, vor Sibirien! Das war für mich eine neue Welt, und wir gingen zu Werke. Mein ATLAS 2000 war gut als Bordgerät, Achterstag wurde isoliert. Als alles funktionierte, verließ er Emden Richtung Nordkap. Ich begleitete ihn täglich auf Kurzwelle, Sendeart A3J (SSB). Klar war: Ein Segler bedient Schoten und Ruder, keine Morsetaste. Das bedeutete eine Wende hin zum Sprechfunk für den IMC. Denn in der Karasee meldete Axel kurz und knapp: "Russische Kampfjets zwingen mich zum Einlaufen nach Dixon! Ich ändere Kurs zur Mündung des Jennissei. Tschüüüüüs!" So etwas geht besser auf Sprechfunk, ulkten meine Freunde. Wie wir später erfuhren, verschifften die Russen Axel samt Boot vor Vardö in Nordnorwegen, entließen ihn dort in die Freiheit...
1980 schrieb er sein Buch "Allein in der Arktis" bei Goldmann. Für den Segelsport änderte der Grafiker unser Vereinszeichen! Er wandelte den klassischen Funkerblitz in zwei Lateinersegel um. So gaben wir der Wende zum Segelsport klaren Ausdruck bis heute.
DER UMZUG ANS STEINHUDER MEER
Es passierte 1979, als das Flachdach über DK0MM leck wurde. Und zwar zum dritten Mal, und die Geduld der Bewohner war zu Ende. Sie beschlossen die Räumung der Funkantenne als Schadenursache. Fachleute bezweifeln die Richtigkeit dieses Mehrheitsbeschlusses. Egal, ich verkaufte meine schöne Eigentumswohnung und zog um. Wohin aber so schnell mit der tollen Funkanlage des Funkvereins? Aus der "Funkenturm-Geschichte Eilvese" kannte ich das Tote Moor. Mit der Hustler-Mobilantenne am Heck des BMW 2002 fuhr ich los. Rund ums Steinhuder Meer erkundete ich die Funkbedingungen genau. Ein Makler bot ein Grundstück in Mardorf an, das ich testete. Das Ergebnis: Sofortverbindung mit USA im 20-Meterband mit S8! Dies war eine klare Kaufentscheidung, und ich handelte sofort. Seither sitzt DK0MC auf der Moorwiese, einem Privatweg im Moor. Das Rufzeichen übernahm ich von Hagen/DL9AZ, der leider verstarb. Seine Funkanlage in Langenhagen wurde sofort verschrottet. Somit wurde unser Umzug aufs Moor funktechnisch aktenkundig.
DER AUFBAU DES FUNKNETZES
Unser Leitgedanke war, die beiden Nutzergruppen Telegrafisten und Sprechfunker auf einer gemeinsamen Netzfrequenz zu vereinen. Das ging auf den sog. Grenzfrequenzen zwischen den Bereichen. Wir errichteten ein festes Kanalsystem auf diesen Frequenzen. Diese lauteten: 3600, 7100, 14100, 21150 kHz, Sendeart egal. Diese "Kanäle" konnten mit den damaligen Bandquarzen spielend einfach durchgeschaltet werden; ein riesengroßer Vorteil. Ein Nutzer konnte sofort das beste Amateurfunkband finden. Wegen der Eigenschaften der Kurzwelle stellte sich 14100 kHz sehr bald als optimaler Kompromiß für die tägliche Praxis heraus. Als die Wochenend-Conteste zunahmen, wurden wir stark gestört. Laut Empfehlung der IARU wanderten wir daher nach "oben hinauf". Auf 14313 trafen wir auf das US-amerikanische Funknetzsystem. Dies bestand aus drei straff geleiteten Sprechfunknetzen:
- das MARITIME MOBILE SERVICE NET;
- das INTERCONTINENTAL TRAFFIC NET sowie
- das PACIFIC MARITIME MOBILE NET. Eine großartige Entdeckung!
Die Amis schafften damit lückenlose Abdeckung der US-Zeitzonen. Nach US-Zeit nachts bestand eine Lücke von 0400 bis 1000 UTC. Dies war die optimale Sendezeit für Europa bis Australien! Also legten wir unser INTERMAR-Netz von 0800 bis 1000 UTC. Um 1000 UTC übergaben wir den Amis eine saubere Netzfrequenz. Dort tauschten wir MM-Nachrichten über Fahrtensegler aus. Toll! Dies System bewährte sich bis in die 1990er Jahre, als die ARRL auf 14300 kHz eine Art öffentliche Notruffrequenz ausrief. Die drei US-Netze wanderten gemeinsam dorthin ab, bis heute. INTERMAR verblieb der Einfachheit wegen auf der 14313 kHz. Wir überlegen noch, ob eine erneute Verlegung Sinn machen würde.
Die Gästebücher und Seeberichte von Arno, DK0MC, aus Mardorf
Unser Ehrenmitglied und Gründer von INTERMAR e.V., Arno Müller Henze, DK0MC, war Funkoffizier. Aus seinen Aufzeichnungen können wir einiges für unser Selbstverständnis als Segler und Radioamteure lernen. Deshalb wollen wir hier nach und nach Dinge aus seinem abenteurlichen Leben dokumentieren. Lesen lohnt.
Gästebuch Nr. 2 als PDF | Buch der Seefahrt als PDF |
Vereinsleben
Seit 1989 bis zum Jahr 2003 wurden die Vereinsgeschicke von Günter Hirschberg (DL2FCG) bestimmt.
Von 2004 bis 2010 trat Rolf Behnke (DK4XI) seine Nachfolge an. In seiner Amtszeit stieg die Mitgliederanzahl auf 369 Mitglieder. Mit großem persönlichem und finanziellem Engagement baute er ein 2 Meter/ 70 cm Echolink Funknetz an deutschen Wasserstraßen und Küsten auf. Zur Kommunikation wurde außerdem der Konferenzserver Echolink Node 50313 eingerichtet. Mit Positionsreport - Online (APRS u. Winlink Tracking) wurde die Möglichkeit zur Positionsverfolgung von Yachten eröffnet. Es wurde die Veröffentlichung von eines Jahresheftes mit Berichten intensiviert und die Zusammenarbeit mit TO (Trans - Ocean) etabliert. Ebenso sorgte er für regelmäßige Messeauftritte z.B Ham Radio, AMTEC, Interradio um neue Mitglieder zu werben. Schließlich wurde durch Rolfs Engagement INTERMAR Mitglied im RTA (Runder- Tisch- Amateurfunk).
Abb.: Vorstand von 2004 bis 2010, Rolf, DK4XI
Von 2010 bis 2011 bestimmte Thomas Clos (DD1WT) die Richtung des Vereins. Er bewerkstelligte mit seinen Vorstandskollegen den Umzug von Homepage und Conference-Server auf Server mit Anbindung von 85MBit ans Internet und einen Messestand auf der Ham Radio, sowie erstmals auf der UKW-Tagung in Weinheim.
Von 20011 bis 2013 folgte ihm Theo de Jong (DL1EEI) nach, der sich insbesondere um die Intensivierung der Öffentlichkeitsarbeit durch Messebesuche (mit eigenem Stand) und den Erhalt des INTERMAR ReLay-Netzes bemühte.
Ab 2013 werden die Veriensgeschicke von Hayo Kayßer (DG1BBU) gelenkt. Nach Auseinandersetzungen um die Ausrichtung des Vereins erklärte er sich bereit im Verein zu vermitteln und leistet dies gemeinsam mit dem 2. Vorstand Rüdiger Hecht (DL4RSH) mit großem Geschick und Umsicht. Nach der Phase der Expansion ist das Ziel dieser Vorstandsschaft die Konsoldierung und Rückbesinnung auf die ursprünglichen Vereinszwecke. Eine Kooperation mit Gunter Winkler (TI7WGI) vom PacificIslandNet (PIN) wurde vereinbart. Damit können die Segler nun nahtlos von den deutschen Netcontrol in den Pazifik übergeben werden und eine weltweite Versorgung ist sichergestelt. Außerdem wird mit der Einrichtung einer KW REMOTE-Station in Betreuung durch Arno (DK0MC) eine wichtige Basis für die Gewinnung neuer Netcontrol gelegt.
AUSBLICK IN DIE ZUKUNFT
Die Zukunft gehört den digitalen Sendearten, meinen wir. Die Kurzwelle verbleibt den Funkamateuren als Spezialhobby. Unser Hauptthema bleibt der Seewetterbericht samt Vorhersagen. Auch mit der Funktechnik haben wir ja ausreichend zu tun. In diesem Sinne machen wir weiter so! Die technische Ausrüstung der Funkleitstellen von INTERMAR sowie deren Fähigkeit, auch in die entlegensten Seegebiete Wetterdaten weiterzuleiten, sowie Hilfestellung im Notfall über die Leitstelle RCC-Bremen anzubieten, kann immerhin als semiprofessionell bezeichnet werden.
INTERMAR KW-Remote bei Arno, DK0MC